Himmel und Erde

Zwischengericht oder warme Vorspeise für 4 Personen von Peter Wagner

Himmel und Erde

„Himmel un Ääd“ gehört zu Köln wie der Dom und 4711. Der Grundakkord aus Kartoffeln, Äpfeln, Zwiebeln und Wurst wurde tausendfach variiert, und auch wir machen uns auf die Suche nach dem Geheimnis der Geschmackspaarung von lieblicher Frucht und leibhaftiger Flönz. Wir nehmen der Wurst ein bisschen von ihrer Schmierigkeit und dörren sie unter oftmaligem Entfetten zu krossen Speckblutwurstchips.

 

Im Gegensatz zum „Halven Hahn“ (Roggenbrötchenhälfte mit Käsescheibe), über dessen Namensherkunft halbe Etymologie-Bücherregale vollgeschrieben wurden, lässt sich „Himmel un Ääd“ ganz unverkrampft herleiten aus dem alten (und in Österreich noch immer gebräuchlichen) Wort „Erdapfel“ für Kartoffel, sowie die vertikal in entgegengesetzter Richtung oben auf den Bäumen wachsenden Äpfel. Fehlen eigentlich nur noch Öllig (Zwiebel) und Flönz (Blutwurst) zum kölschen Kulinarikhimmel.

© 2013 Peter Wagner/kochtext
Vorbereitungszeit: 30 Minuten
Zubereitungszeit: 40 Minuten
Level: commis de cuisine
Zubereitungsart: sequentiell

Zutaten

Blutwurst & Röstzwiebeln
150 g Speck-Blutwurst
100 g Zwiebelringe
1 EL Mehl
1 TL Paprikapulver, edelsüß
0,5 TL Salz
500 ml Pflanzenöl, neutrales, zum Frittieren
Kartoffelmousseline
500 g Kartoffeln, halbfest kochend
100 g Sahne
80 g Butter
1 Prise Muskatnuss, frisch gerieben
1 Prise Salz
1 Prise Pfeffer, weiss aus der Mühle
Apfelkaramell
1 Stange Apfel, sauer, grün
50 g Zucker, weiss
50 ml Obstler
25 g Butter
Sherrybutter
200 ml Sherry, trocken
200 ml Kalbsfond
75 g Butter
1 Prise Salz und Pfeffer aus der Mühle

Wein-Tipp

Markus Schneider "Alte Reben" Riesling Schlossgarten trocken 2013

 

Der Markus Schneider "Alte Reben" Riesling Schlossgarten ist eine der Neukreationen von Markus Schneider, an die der Starwinzer besonders hohe Ansprüche stellte. Der strohgelbe Riesling offenbart der Nase wunderschöne Aromen von Zitrusfrüchten wie Grapefruit und Zitronenzesten, Pfirsichnoten, Mangos, Quitten, Mirabellen und weißen Johannisbeeren. Kräutrige Noten von Zitronenmelisse und blumige Anklänge ergänzen. Am Gaumen ist der Markus Schneider "Alte Reben" Riesling Schlossgarten ungemein kraftvoll, mineralisch und mit einer zupackenden Fruchtsäure ausgestattet. Würzig, schmelzig und von herrlicher Frucht getrieben, gleitet er den Gaumen hinab. Hier spürt man jedes Jahr, in dem die Riesling-Rebstöcke ihre Wurzeln tiefer in den mineralischen Pfälzer Boden treiben konnten. Ein echter Charakterkopf.

 

Bewertung & Awards

 

BELViNi.DE 2014: 91-92 Punkte 2013

 

Musik-Tipp

Wer ein zünftiges Himmel un Ääd kocht, wird in 95% der Fälle gern blutwurstschwitzenden Psychedelic-Schweinerock in der Küche hören wollen. Bitteschön: „Specter At The Feast“ (Universal), das sechste reguläre Album der nach Marlon Brandos Film-Biker-Gang in „The Wild Ones“ benannten kalifornischen Krach-Trio Black Rebel Motorcycle Club hat genug Feuer, um ohne weitere Herd-Unterstützung die Äpfel karamellisieren zu können. Zu wenig Kölsch? Dann hilft „Im Westen was Neues“, das Debüt der Formation Kölner Seelen weiter. Beim ersten Hören eine nicht allzu schlechte Mischung aus Söhne Mannheims und Pur, gewinnen die halb gesungenenen, halb gesprochenen Texte von Mal zu Mal, während der gefällige Soulpophiphop sicher ein absoluter Burner beim nächsten evangelischen Kirchentag werden könnte.

Zubereitung

Blutwurst & Röstzwiebeln

Wurst häuten und in dünne Scheiben (Aufschnittstärke) schneiden.

 

 

Auf einen mit Backpapier ausgelegten Rost legen und im Backofen bei 70° Grad Umluft ca. 3 Stunden dörren. Alle 30 Min. mit Küchenkrepp degraissieren und wenden.

 

 

Mehl, Paprikapulver und Salz mischen. Zwiebelringe in der Mehlmischung wälzen,

 

 

im 160° Grad heißen Öl goldbraun frittieren und auf Küchenkrepp entfetten. Evtl. noch etwas nachsalzen.

 

 



Kartoffelmousseline

Kartoffeln in der Schale weich kochen (mit etwas Salz und Kümmel im Kochwasser), heiß schälen und im Backofen bei den Wurstscheiben 10 Min. ausdampfen lassen.

 

 

Durch Kartoffelpresse drücken.

 

 

Sahne, Butter und die Gewürze kurz aufkochen,

 

 

über die Kartoffeln schütten und mit Stampfer und einer Gabel, später mit Schneebesen ein feines, klumpfreies Püree herstellen (nicht im Mixer verarbeiten, dabei wird es zu klebrig). Warm halten.

 

 
Apfelkaramell

Apfel schälen, in 2 cm dicke Scheiben schneiden, längs 2 cm breite Streifen schneiden, diese in 2 cm große Würfel.

 

 

Butter in Pfanne schmelzen, Äpfel und Zucker zugeben, ständig rühren, bis sich ein helles Karamell bildet.

 

 

Schnaps zugeben und weiter rühren, bis keine Flüssigkeit mehr da ist. Auf Teller umheben und abkühlen lassen.

 

 

 
 
Sherrybutter

Sherry und Fond in Topf oder Sauteuse auf 150 ml reduzieren,

 

 

Butter untermixen, mit Salz und Pfeffer abschmecken.

 

Anrichten

Ein Drittel der Kartoffelmousselinein einen Spritzbeutel geben, den Rest in Anrichtringe in tiefe vorgeheizte Teller (ideal: mittelgroße Pastateller) verteilen.

 

 

Apfelkaramell als zweite Schicht in die Ringe verteilen, gut andrücken.

 

 

Rest der Kartoffelmousseline mit dem Spritzbeutel dekorativ aufdressieren.

 

 

Ringe abziehen,

 

 

Türmchen mit der Sherrybutter umgießen. Blutwurst-Chips aufstecken, Röstzwiebeln anlegen, nach Belieben mit ein paar Schnittlauchhalmen ausdekorieren und sofort servieren.

 

Chef de Cuisine

Peter Wagner

Peter Wagner

Peter Wagner

Kocht länger als er für Geld schreibt – seit 1976. Der Musikjournalist lebt in Hamburg und liebt alles, was mit Verstand und Hingabe aus frischen Zutaten zubereitet wird. Seit 2007 schreibt er die Samstags-Kolumne „Tageskarte“ auf Spiegel online. Weitere Infos bei seiner Agentur kochtext...

monsterkoch@kochmonster.de
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